Wissenswertes zum Medaillensammeln

(Peter Worseck, 14.11.2024)

Bereits im alten Rom dienten Medaillons der kaiserlicher Selbstdarstellung. Man kann die Anfänge also auf den Beginn unserer Zeitrechnung datieren. Der Begriff Medaille leitet sich aus dem lateinischen Begriff für Metall (metallum) ab. Der eigentliche Name für das Produkt Medaille (italienisch: Medaglia, französisch: Médaille), entstand dabei erst wesentlich später, nämlich in der italienischen Renaissance (15. Jahrhundert). Auf den in dieser Zeit geschaffenen, wunderbar künstlerisch gestalteten Portraitmedaillen waren nicht mehr ausschließlich Herrscher bzw. Aristokraten, sondern nun auch erstmalig bekannte Bürger (Fugger, Michelangelo, Dürer, Luther, …) abgebildet.

Hinsichtlich der Form, der Gestaltung und meist auch des Materials sind sich Münzen und Medaillen sehr ähnlich, wodurch sie von Laien oft verwechselt und die Begriffe im Sprachgebrauch vermengt werden. Im Gegensatz zur Münze steht jedoch nicht die Funktion als Zahlungsmittel im Vordergrund – im Gegenteil: das ist das absolute Ausschlusskriterium! Die Medaille ist mehr oder weniger Kunstobjekt, sozusagen eine flache Skulptur im Westentaschenformat. Und so ist der Medaillensammler eher der Ästhet unter den Numismatikern. Der entscheidende Vorteil für den Gestalter von Medaillen bzw. Plaketten liegt darin, dass ihm mehr Platz für die Bild- und Schriftgestaltung zur Verfügung steht als dem Entwerfer von Münzen.

Medaillen und Plaketten können unterschieden werden nach:


Funktion, z.B.

  • Erinnerung
  • Geschenk
  • Auszeichnung
  • Propaganda
  • Schmuck

Form

  • Medaille = in der Regel rund, aber auch rundlich oder oval, flach gehalten
  • Plakette = in der Regel viereckig, aber auch dreieckig bis mehreckig und auch unregelmäßig, flach gehalten

Gestaltung

  • individuell, oft unter Einbeziehung eines Künstlers, meist geringe Auflagen
  • standardisiert, unter Nutzung von Schablonen und Computerprogrammen, meist Massenprodukte

Material

  • Metalle
    ◦ Edelmetalle
    ◦ unedle Metalle
  • Nichtmetalle
    ◦ Porzellan/Keramik
    ◦ Holz/Pappe
    ◦ diverse Kunststoffe

Herstellung

  • Prägung
  • Guss
  • Abformung

Themen/Motive, z.B.

  • Ereignisse
  • Personen
  • Tiere/Pflanzen
  • Städte/Regionen
  • Sport
  • Schützen
  • Technik (Schiffe, Eisenbahn, …)

Übergreifende Sammelgebiete sind z.B.
(latinisiert, weil: der Numismatiker hat´s gerne „gebildet“)

  • Ius in nummis
  • Medicina in nummis
  • Pax in nummis
  • Reformatio in nummis
  • Musica in nummis
  • Ars in nummis
  • numismatica in nummis
  • Judaica in nummis

Interessant kann es auch sein, Medaillen nach ihren Schöpfern zu sammeln und sich auf einen Stempelschneider bzw. Skulpteur festzulegen. Hierbei gibt es durchaus Allrounder, aber meist Spezialisten für die Medaillengestaltung. Sie lassen sich in zwei große Gruppen einteilen: zum einen diejenigen mit Wurzeln im Handwerk (Juweliere, Graveure, Werkzeugmacher, …) und zum anderen diejenigen mit eher akademisch, bildhauerischen Wurzeln (Professoren an Kunsthochschulen, freiberufliche Bildhauer, …). Da gibt es interessante Leute mit eindrucksvollen Biografien, die in ihrer Zeit jeweils sehr anerkannt waren und ein eindrucksvolles Oeuvre aufzuweisen hatten. Grundlage für die Anlage einer eigenen Sammlung können die Werksverzeichnisse dieser Künstler sein; für die bedeutendsten gibt es sie meist in Buchform im Handel zu kaufen. Einige der wichtigsten Medailleure im deutschsprachigen Raum seien hier genannt:

  • Johann Veit Döll (1750-1835)
  • Bernd Göbel (1942- )
  • Karl Goetz (1875-1950)
  • Peter-Götz Güttler (1939-)
  • Friedrich Wilhelm Hörnlein (1873-1945)
  • Helmut König (1934-2017)
  • Gustav Weidanz (1889-1970)
  • Christian Wermuth (1661-1739)

Für die Medaillensammelei kann es auf Grund der großen Vielfalt der Objekte keine übergreifenden Kataloge, wie z.B. die verschiedenen Bände des „Standard Catalog of World Coins“, geordnet nach Jahrhunderten geben. Vielmehr sind im Handel eine Reihe von Spezialkatalogen anzutreffen, die jedoch das jeweilige Gebiet meist nicht vollständig darstellen können. Im Übrigen gilt, was für jedes Sammelgebiet gilt: Für eine reelle Preisfindung sei gerade dem Anfänger geraten, eine gewisse Sachkunde zu entwickeln und sich im Internet einen möglichst umfassenden Überblick über den Markt zu verschaffen, bevor er sich zu Käufen in größerem Stile entscheidet. Auch die Teilnahme an Auktionen (egal ob Saal oder Internet), bei denen das Angebot auf eine Vielzahl von Nachfragenden trifft, kann eine objektive Preisbildung bewirken und überdies zugleich spannend und lehrreich sein. Zum Schluss dieser kleinen Einführung gibt uns einer der bekanntesten deutschen Medaillensammler seinen Rat auf den Weg:

„Ich habe nicht nach Laune oder Willkür, sondern jedesmal mit Plan und Absicht zu meiner eignen folgerechten Bildung gesammelt und an jedem Stück meines Besitzes etwas gelernt.“
(Goethe gegenüber Staatskanzler Friedrich von Müller am 19.11.1830)

Nachfolgend fünf Medaillen und eine Plakette zur Demonstration:
Medaille – Österreich - Maximilian Ritter Weiss von Wellenstein, Silber, 1895, 58,5 mm Medailleur Anton Scharff (1845-1903)

Medaille – Österreich – Maximilian Ritter Weiss von Wellenstein, Silber, 1895, 58,5 mm
Medailleur Anton Scharff (1845-1903)

Verdienst- und Treuemedaille, Emil Rathenau AEG, 1908, Silber, oval mit Öse, 56 x 39 mm Medailleur Hermann Hahn (1868-1942)
Verdienst- und Treuemedaille, Emil Rathenau AEG, 1908, Silber, oval mit Öse, 56 x 39 mm Medailleur Hermann Hahn (1868-1942)
Medaille Freimaurer, Loge zum Friedensbunde, Einweihung des neuen Logenhauses Neubrandenburg 1908, Bronze, 42 mm
Medaille Freimaurer, Loge zum Friedensbunde, Einweihung des neuen Logenhauses Neubrandenburg 1908, Bronze, 42 mm
Medaille KB, BFA Numismatik Neubrandenburg, Münzausstellung 1976, Silber, 46 mm Werner Schinko (1929-2016), Röbel + Paul Schack (1925-2014), Waltershausen Fa. Heinrich Bittner, Gotha
Medaille KB, BFA Numismatik Neubrandenburg, Münzausstellung 1976, Silber, 46 mm Werner Schinko (1929-2016), Röbel + Paul Schack (1925-2014), Waltershausen Fa. Heinrich Bittner, Gotha
Plakette - Belgien - Besuch der Zeche Mariemont durch Prinz Albert und seine Frau 1903, Silber, 70,9 x 55,9 mm, Medailleur Egide Rombaux (1865-1942)

Plakette – Belgien – Besuch der Zeche Mariemont durch Prinz Albert und seine Frau 1903, Silber, 70,9 x 55,9 mm, Medailleur Egide Rombaux (1865-1942)

2 einseitige Medaillen, Rat der Stadt Neubrandenburg, 700 Jahre Neubrandenburg, Stadtwappen/Stargarder Tor, Holz, 1948, 45 mm, Alfred Schreier, Fa. Schulz, Neubrandenburg
2 einseitige Medaillen, Rat der Stadt Neubrandenburg, 700 Jahre Neubrandenburg, Stadtwappen/Stargarder Tor, Holz, 1948, 45 mm, Alfred Schreier, Fa. Schulz, Neubrandenburg